Wer sich auf ein Funksystem einlässt muss vorher wissen, dass Drahtverbindungen zuverlässiger sind.
Das gilt auch für das Homematic-Funksystem, obwohl das erstaunlich gut funktioniert. Im Normalfall sind
zwei Betondecken und ein paar Wände kein wirkliches Problem. Da wundert man sich schon, wie die Entwickler
den Stromverbrauch so minimieren konnten. Wer übrigens Informationen zu den drahtgebundenen Homematic-Komponenten
sucht, ist bei mir systembedingt an der falschen Adresse: Ich habe noch nie damit gearbeitet.
Systematische Grenzen des Homematic-Systems
Rechenleistung der Homematic-Zentralen CCU-1 und CCU-2 ist zu gering.
Wer noch eine CCU-1 oder CCU-2 nutzt, sollte auf eine CCU-3 oder einen Raspberry Pi
umsteigen. Meine CCU-1 habe ich schon vor Jahren in
Rente geschickt. Der wichtigste Grund war die Möglichkeit der CCU-2, Diagramme auszugeben. Die nutze ich intensiv.
Die CCU-2 ist zwar ein Stück schneller, kommt aber bei
einem Raspi bei weitem nicht mit.
Ein extremes Beispiel ist das Anzeigen der Logdatei: Deren Aufbau kann bei der CCU-1 Minuten dauern und auch bei der
CCU-2 wartet man sich da schnell einen ab. Beim Raspberry Pi wird auch eine größere Logdatei innerhalb von Sekunden
vollständig angezeigt.
Für den Raspberry Pi gibt es mittlerweile zwei Lösungen: Das Funkmodul HM-MOD-RPI-PCB für 20 EUR und die
Erweiterungsplatine RPI-RF-MOD für den doppelten Betrag. Die aus meiner Sicht wesentlichen Unterschiede:
- Die Erweiterungsplatine enthält eine Echtzeitühr, was wohl nur beim Betrieb ohne Internetzugang wichtig ist.
- Lauf ELV kann nur die Erweiterungsplatine mit der Homematic-IP-Cloud und der Homematic-IP-App zusammenarbeiten.
- Die wichtigste Neuerung ist das verbesserte Funkmodul, das seine Fähigkeiten aber erst nach dem üblichen
Antennenumbau ausspielen kann: Was nutzt ein ein empfindlicher Empfänger, wenn er vor allem das Prozessorsystem
nebenan hört? Dieses Problem haben die anderen Homematic-Komponenten übrigens nicht, weil dort ein
Einchip-Prozessor mit viel niedriger Taktfrequenz seinen Dienst tut. Der sollte auf 868 MHz nicht mehr stören.
Dort reicht es, die Antenne zu befreien, damit sie auch strahlen kann.
Das nebenstehende Beispiel aus Einstellungen -> Geräte zeigt keineswegs die Grenzempfindlichkeit nach dem
Antenennumbau auf beiden Seiten, auch beim HM-Sec-RHS – schließlich nutzt Homematic ein bidirektionales Übertragungsprotokoll.
Da gehen noch 6 dB mehr, auch wenn dann nicht mehr jedes Paket auch in der Zentrale ankommt.
Funkreichweite der Homematic-Komponenten
Ich wohne in einem Reihenhaus mit 150 m2 Wohnfläche. Ohne spezielle Maßnahmen, wie ich sie hier ja
beschreibe, könnte ich keine zentralisierte Homematic-Installation betreiben. Für eine vier-Zimmer-Wohnung dürfte
ein Homematic-System problemlos funktionieren. Aber mein System funktionert nur deshalb, weil ich lange nach dem besten
Standort für die Zentrale suchte und so lange Antennen optimierte, bis alles lief.
Besonder kritisch ist das bei den Zentralen, denn die sollten ja mit allen anderen Komponenten kommunizieren können.
Im Gegensatz dazu reicht es beim Fernsteuersender für das Garagentor, wenn der die direkte Geräteverknüpfung zum
entsprechenden Schaltaktor in der Garage bedienen kann. Die Zentrale sollte die Fernbedienung aber wenigstens manchmal
hören, damit man von der leeren Batterie in der Fernbedienung erfährt.
Nicht ohne Grund gehören in dieser Website die Funkeigenschaften-verbessern-Seiten zu den beliebtesten. Dort beschreibe
ich, wie man generell die Antennen verbessert (siehe auch Funkkomponenten mit sehr schlechten Leistungen weiter unten)
und vor allem bei den Zentralen den Empfänger vor den Störungen des eigenen Prozessorsystems schützt.
Der Funkkanal
Bei Homematic mag das Problem weniger kritisch sein als beim Schwestersystem FS20 [1]:
Durch die digitale Dividende des digitalen terrestischen Fernsehens (DVB-T) hat sich die Frequenznutzung rund
um die 868 MHz des Homematic-Systems geändert. Während früher in der frequenzmäßigen Nähe nur Fernsehsender
arbeiteten, arbeitet da jetzt der neue Kommunikationsstandard LTE – also die drahtlosen Internetzugänge
speziell für diejenigen, die bislang keine ADSL-Zugänge bekommen konnten. Zwar sendet ein LTE-Modem mit viel
geringerer Leistung als ein Fernsehsender. Dafür steht das LTE-Modem womöglich direkt neben der Homematic-Zentrale.
Da sind also gute Selektion und Großsignalfestigkeit gefordert. Die Pendelempfänger des FS20-Systems sind damit
eindeutig überfordert. Die Funkbriefmarke
des Homematic-Systems ist da deutlich überzeugender.
Eines aber weiß ich: Die Sendefrequenzen der einzelnen Module streuen recht deutlich. Der 15 kHz breite Empfänger
meines (auch bei 868 MHz empfangsfähigen) Handfunkgerätes kann eindeutig nicht den ganzen Verkehr meiner Installation
aufnehmen. Konsequenz: Nur mit Glück kann man mehrere Systeme im 868-MHz-ISM-Band parallel betreiben, weil die
Empfänger breit sind wie Scheunentore. Wer also außer Homematic noch andere Gerätschaften in diesem
Frequenzbereich arbeiten lassen will, sollte vor allem auf zwei Dinge achten:
- Die Sollfrequenzen sollten mehrere 100 kHz auseinander liegen.
- Nach Möglichkeit sollten ausschließlich Systeme mit bidirektionaler Übertragung verwendet werden.
Letzteres sollte ich noch erläutern: Wenn ein Gerät nur einen Sender besitzt, muss es blind senden.
Es kann also keine Rücksicht darauf nehmen, dass gerade ein anderes Gerät auf dem Kanal Daten überträgt. Häufig nehmen
diese Systeme auch keinerlei Rücksicht darauf, dass die eigenen Daten aus genau dem gleichen Grund auch von anderen
Einheiten gestört werden könnten. Ergebnis: Es gehen Daten verloren, ohne dass man das erst mal merkt oder gar
kompensiert.
Ein ganz besonders dümmliches Beispiel aus dem ELV-Stall ist das Energiemonitoring-System EM 1010 PC:
Die Sender senden alle 30 min und bis zu sechs davon können mit einem Monitor verbunden werden. Abhängig von der
Genauigkeit ihrer Uhren ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie sich über Stunden bis Tage gegenseitig die
Datenpakete zerhacken. Ganz nebenbei benutzt das EM-1010-PC-System den gleichen Funkkanal wie Homematic, hackt also da
rein. Offensichtlich verwendet ELV hier das gleiche scheunenbreite Empfängermodul wie beim FS20-System, das mit LTE
Probleme hat. Die Entwickler hätten beispielsweise für jeden Kanal ein anderes, zu den anderen Kanälen primes
Zeitraster nutzen können: Kanal 1 sendet alle 5 min, Kanal 2 alle 7 min und Kanal 3 alle 11 min. Wenn man dann noch
die jeweils letzten fünf Datenpakete überträgt, sollte da kaum noch was verloren gehen. Das mit einem passenden
Stromsparsystem für den Empfänger zu verbinden erfordert etwas Gehirnschmalz und etwas Speicherplatz für den
Programmcode - also nix wirklich Teueres...
Wenn ein Thermostat mal zwischendurch nicht weitermeldet, dass in seinem Raum die Temperatur um 0,1°C stieg, dann ist
das nicht weiter schlimm. Aber wer z.B. mit Homematic-Komponenten eine Alarmanlage bauen will, sieht das vermutlich
bedeutend enger - zumal gerade die Fenster- und Türkontakte zu den hochfrequenzmäßig besonders kritischen
Homematic-Komponenten gehören.
Durch seine bidirektionale Übertragung kann das Homematic-System solche Probleme erkennen und die Übertragung
wiederholen. Nur können sich innerhalb einer größeren Homematic-Installation längst nicht alle Komponenten
gegensitig hören. Dann sendet auch hier eine Komponente los und stört so die Datenübertragung zwischen zwei anderen
Komponenten. Bei mir häufen sich eine ganze Zeit die Servicemeldungen "Gerätekommunikation war gestört",
bis ich vor allem die Antennen der Zentralen optimierte.
Funkkomponenten mit sehr schlechten Leistungen
Es gibt Komponenten des Homematic-Systems, die mit dem Rest nicht mithalten können – beispielsweise alles,
was zu klein ist. Leider wurde eine ganze Reihe von Komponenten ganz offensichtlich ohne Hochfrequenz-Fachmann
entwickelt. Es reicht leider nicht, die Antenne irgendwie
ins Gehäuse zu stopfen, wie es wohl Digitaltechniker mehrfach getan haben.
Diese Defizite lassen sich meist einfach beheben – um den Preis, dass die Antenne aus dem Gehäuse der
Komponente heraus ragt. Eine passende Konstruktion vorausgesetzt, wäre das gelegentlich völlig unnötig.
Aber sehen Sie sich meine Umbauanleitungen doch selber an – teilweise brauchen Sie dafür noch nicht mal einen
Lötkolben. Das größte Problem ist wohl eher der passende Sechskant-Schraubendreher.
Funkkompontenten, die sehr schlecht erreichbar sind
Einige Homematic-Komponenten werden mit Knopfzellen betrieben und haben trotzdem Batterielebensdauern von
mehreren Jahren, beispielsweise die Fensterkontakte. Dieser geringe Stromverbrauch lässt sich nur dadurch erreichen,
dass diese Komponenten nur auf äußere Ereignisse hin reagieren und sonst im Tiefschlaf bleiben. Zu diesen
äußeren Ereignissen gehört das Drücken einer Taste (Fernbedienung) oder das Öffnen eines Fensters (Fensterkontakt),
nicht aber irgendwelche Funkaktivitäten. Die Zentrale kann diese Komponenten also nicht gezielt abfragen sondern
muss warten, bis diese Komponenten sich von selber melden.
Die Homematic-Zentrale nimmt deshalb beim Start bestimmte Zustände an – also etwa dass die Fenster alle zu sind.
Das erkennt man in der Statusanzeige daran, dass ein Fenster als geschlossen angezeigt wird, die Statusangabe
aber kein Datum und keine Uhrzeit trägt.
Wer also Wert darauf legt, dass die Zentrale wirklich den Zustand aller Fenster kennt, muss nach dem Starten der
Zentrale jede einzelne Fenster auf- bzw. zumachen.
Probleme, wenn die Homematic-Zentrale nicht alle Komponenten erreichen kann
Das hat drastische Folgen, sobald man eine Zentrale einsetzt: Einen Türkontakt an einem Thermostaten im gleichen
Raum anzulernen funktioniert problemlos. Aber wehe, man lernt den Thermostaten anschließend an der Zentrale an:
Der Thermostat übergibt dann die Verbindungsverwaltung an die Zentrale, die macht direkte Geräteverknüpfungen daraus.
Darauf hin kracht es im Gebälk, wenn die Zentrale keine Verbindung z.B. mit dem Türkontakt aufnehmen kann – erkennbar
an den Einfahrt verboten-Icons in der Liste der direkten Geräteverknüpfungen.
Erst scheint noch alles zu funktionieren. Aber irgendwann verlieren dann Komponenten ihre Verbindung zueinander
und keiner kann sich erklären, woran das liegt. Ich lange auch nicht...
Literatur
- ]1] Hausautomatisationssystem ELV FS20: Probleme mit LTE-Routern
- In: c't 26/12, S. 25 (redaktioneller Beitrag)
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