Sehe ich auf mittlerweile 25 Jahre Berufstätigkeit zurück, so fällt mir der vergleichsweise geringe
Anteil formaler Ausbildung auf: Nach dem Elektrotechnik-Studium kamen ein paar Schulungen und reichlich
20 tekom-Tagungen dazu. Das Wissen, von dem ich heute lebe, habe ich mir aber vorzugsweise informell
beigebracht.
Zum Glück kann ich auf genügend Projekte und zufriedene Kunden verweisen, so dass mich niemand mehr nach
Papieren fragt. Im Rückblick ist der gemeinsame Nenner meiner Weiterbildungsaktivitäten die
Fähigkeit zur Selbstorganisation – eine ganz aktuelle Entwicklung:
- Meine Elektronik- und Softwarekenntnisse reichen sicher nicht aus, um mich erfolgreich als Entwickler
bewerben zu können. Aber schon zu Beginn der Mikroprozessorzeit
arbeitete ich mich so weit ein, dass
ich mich vergleichsweise problemlos mit Entwicklern austauschen kann. Auf dieser Basis kann ich
z.B. die Aussagen von Entwicklern hinterfragen und kann ihnen so Details entlocken, die ihnen schon
längst entfallen waren. Im Gegensatz zu vielen Kollegen brauche ich mich also nicht darauf zu
beschränken, die Entwicklerdokumentation nur formal schöner zu machen. Gelegentlich steht am
Ende eines Interationsprozesses mit einem Entwickler ein Text, der wenigstens ein Drittel kürzer ist
als die ursprüngliche Entwicklerdokumentation und sich vergleichsweise trivial liest. Ach ja:
Natürlich setze ich mich bis heute praktisch
mit der Elektronik auseinander.
- Mal abgesehen davon, dass ich schon in der Grundschule eine überaus gründliche Grundausbildung in
meiner Muttersprache erfuhr – was damals wohl ein ziemlicher Alptraum für mich war: Diverse Ausgaben
von Schülerzeitungen, Erstsemester-Infos usw. habe ich redaktionell betreut und so meine sprachlichen
Fähigkeiten schon sehr früh an Fachtexten geschult. Diese Website enthält zahlreiche Beispiele, wie weit
ich es hier gebracht habe – sicher auch mit Hilfe vieler Kritiker meiner Texte. Die wertvollsten Beiträge
dazu lieferten während meiner Angestelltenzeit die Übersetzer eine Tür weiter.
- Auch der Einstieg in die Welt inhaltlich
struturierter Dokumente passierte wieder informell. 1997 gab es, neben der SGML-Norm
ISO 8879, einigen High-End-Lösungen und diversen akademischen Projekten, recht wenig. Durch
persönliche Bekanntschaft mit einem der Gesellschafter der Schema GmbH wurde ich einer der ersten
Nutzer von Schematext Version 1 – dem Vorgänger des heutigen High-End-Systems ST4. Mit Schematext 2
erstelle ich bis heute diese Website:
250 Seiten, die von rund 6.500 internen Links zusammengehalten werden. Nach drei Jahren Selbststudium
hatte ich so langsam kapiert, welches Rationalisierungspotential XML-Systeme grundsätzlich haben –
auch wenn Standards wie DITA noch so einiges fehlt, was Schematext schon 1997 an Konzepten bot.
- Was wäre das Arbeitsleben ohne die ganzen Haken und Ösen, die uns die ganze Zeit vom Arbeiten abhalten?
Als der Neue, der sowieso nur begrenzte Zeit da ist, habe ich da nicht nur einige Freiheiten
mehr als die Angestellten. Außerdem habe ich genügend Firmen von innen gesehen, um bestimmte Effekte
abstrahieren zu können. Manches ist halt üblicher Sachzwang, den ich nicht persönlich nehmen muss.
Auch diese Erfahrungen machen meiner Umgebung und mir das Leben leichter.
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