Viele Rechnerbenutzer stecken den Kopf in den Sand – bis es zu spät ist:
Plötzlich sind wichtige Daten weg.
Wer dann in einer meiner Mailinglisten verzweifelt nach Rat sucht,
bekommt womöglich von mir die lakonische Antwort:
Spiele doch einfach die letzte Datensicherung
wieder rein!
Ich geb's ja zu: Damit trage ich manchmal noch zum Nervenzusammenbruch bei...
Zwei Paar Stiefel:
Datensicherung und Datenarchivierung |
Auch wenn viele die Begriffe synonym benutzen:
Datensicherung und Datenarchivierung sind unterschiedliche Dinge!
- Datensicherung ist die kurz- bis mittelfristig verfügbare Kopie von Daten.
Das typische Medium dafür sind Magnetbänder, die große Kapazitäten bieten,
aber wenig
Langzeitstabilität aufweisen.
Die meisten Hersteller garantieren bestenfalls drei Jahre Lagerfähigkeit.
- Datenarchivierung soll sicherstellen, daß wichtige Daten
auch noch nach Jahren verfügbar sind.
Die hier verwandten Medien reichen von Papier (konventionelles Archiv!)
bis zum CD-ROM.
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Für den laufenden Betrieb
Sicherung funktioniert nur mit Konzept! |
Datensicherung funktioniert nur dann, wenn sie einfach und schnell funktioniert.
Das darf aber nicht dazu verleiten,
einfach eine Kopie der Daten auf der gleichen Platte abzulegen:
Wenn die Platte den Geist aufgibt, ist auch die "Sicherung" weg!
Man sollte sich aber überlegen, wie viel man eigentlich sicher muß:
eine 200-GB-Platte ist nicht "einfach und schnell" zu sichern.
Deshalb auch mein
Partitionsschema.
Entscheidend ist also, die Sicherung auf
Wechselmedien anzulegen.
Lange gab es hier keine Alternative zu Magnetbändern.
Heute sind meist externe Festplatten das Mittel der Wahl.
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Eine spezielle Rolle spielen selbst gebrannte CD-ROMs:
Bei Medienkosten unter 1 EUR/GB spielt noch nicht mal unbedingt eine Rolle,
daß man den Datenträger nicht wieder überschreiben kann.
Zudem gibt es CD-RWs, die man eine gewisse Anzahl von Malen überschreiben kann.
Zwar gibt es praktisch nur noch DVD-Brenner auf dem Markt,
aber als langfristige Speichermedien sind DVDs bedeutend unsicherer als CDs.
Mehrere Sicherungs- generationen!
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Wichtig ist, mehrere
Sicherungsgenerationen zu benutzen.
Üblich ist, einmal die Woche eine Komplettsicherung anzulegen
und dann jeden Tag nur die neuen Dateien zu sichern
(differentielle Sicherung).
Montag bis Donnerstag geht es also schnell,
weil man nur ein paar 10 MB auf eines der vier Wochentagsbänder spielen muß.
Am Freitag, kurz vor Feierabend, sichert man dann komplett auf
eines von drei Wochenbändern.
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So hat man jeweils den Datenbestand der beiden Vorwochen und den vom Abend vorher.
Falls die Platte kaputt geht, spielt man das Band von Freitag vorher
und die Bänder der laufenden Woche ein. Die anderen Wochenbänder geben das sichere
Gefühl eines doppelten Netzes.
Bit für Bit sichern
Die meisten Sicherungsmethoden setzen auf dem Betriebssystem auf,
d.h. sie arbeiten mit Dateien, deren Inhalten
und Attributen wie Datum oder Schreibsperre.
Damit kann man eines nicht sichern: Das Betriebssystem selber -
zumindest seit wir MS-DOS verlassen haben.
Grund- installation sichern!
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Für diesen Zweck bietet sich ein völlig anderes Verfahren an,
das als Image-Backup bekannt ist.
Dabei wird die Festplatte auf physikalischer Ebene gesichert.
Das Sicherungsprogramm kümmert sich nicht Dateinamen usw.,
sondern sichert völlig unabhängig vom Betriebssystem die gesamte Partition.
Spielt man eine solche Datensicherung zurück, so wird die Platte wieder exakt so
hergerichtet, wie sie bei der Sicherung war. Einzelne Dateien kann man nur
ausnahmsweise, mit besonders komfortablen Programmen, wieder herstellen.
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Zum Erstellen von Image-Backups benutze ich TrueImage von Acronis,
das mit etwa 60 EUR auch kaum teuerer ist als so manche Shareware
und immer wieder kostenlos auf
Zeitschriften-CDs auftaucht.
In der Praxis ist eine Eigenschaft entscheidend wichtig,
die bei Datensicherung sonst eine geringere Rolle spielt: Datenkompression.
Die ist deshalb so wichtig, weil man sonst nicht weiß,
wohin mit der Sicherungsdatei: Drive Image kann eine mit 20 GB gefüllte
100-GB-Partition durchaus auf 10 oder 15 GB komprimieren.
Aber ohne Datenkompression wären das 80 GB, die man irgendwo unterbringen müßte.
Hier wird auch der Sinn der drei Partitionen deutlich:
Image-Backups von C. oder D: passen problemlos ins Laufwerk E: hinein.
Und wenn das BIOS etwas älter ist und mit der 2-GB-Grenze Probleme hat,
dann kann man immer noch C: nach D: sichern.
Der optimale Zeitpunkt zum Anlegen eines Image-Backup ist
unmittelbar nach Installation des Betriebssystems –
also sobald alle wesentlichen Treiber installiert sind
und das System "rund" läuft, aber vor der Installation der Anwendungsprogramme.
Spart massen- weise Nerven!
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Von der jungfräulichen Platte bis zu diesem Zustand sind es wenigstens drei Stunden
konzentrierter Arbeit eines Spezialisten, ggf. nach diversen Fehlschlägen
und Download-Sitzungen. Diese Installation kriegen Sie wohl nie mehr so hin,
irgendwelche Details haben Sie nach ein paar Wochen sicher wieder vergessen.
Genau in diesen Zustand können Sie Ihren Rechner jetzt jederzeit wieder versetzen.
Mal schnell ein halbes Dutzend Anwendungsprogramme draufspielen
ist vergleichsweise Kinderkram.
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Wie war das doch damals?
Datenarchivierung ist ein ganz anderes Thema:
Die hier erzeugten Datenkopien müssen langfristig verfügbar bleiben!
Zu Zeiten des herkömmlichen Archivs auf Papier war das alles ganz einfach:
Man legt einfach ein Exemplar der Anleitung in den Schrank und erstellte bei Bedarf
am Fotokopierer weitere Exemplare.
Im Computerzeitalter ist das kein gangbarer Weg mehr: Die Daten müssen am Rechner
zu bearbeiten bleiben. Dabei stellen sich mehrere Probleme:
- Die Datenträger müssen entsprechend langlebig sein.
Magnetbänder müssen nach spätestens drei Jahren umkopiert werden!
- Bei Bedarf muß auch ein passendes Lesegerät verfügbar sein.
- Es müssen Programme vorhanden sein, die mit den alten Datenformaten
umgehen können.
Kaum Alternativen zu CD-R, DVD+/-RW oder MOD
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Die beiden ersten Punkte zwingen schon fast dazu, optische Datenträger zu
benutzen. Sofern die Kapazität ausreicht, gibt es wohl kaum Alternativen zur selbst
gebrannten CD oder DVD.
Eine Alternative sind MODs (magnetic-optical disks) – speziell wenn Datenmengen
von mehreren GB zu speichern sind
und für das Medium auch wirklich Langzeiterfahrungen vorliegen müssen.
Quintessenz einer Diskussion in der Mailingliste t-allgem im September 2002:
Manche CD-R ist schon nach wenigen Jahren kaum noch lesbar, während ein
Teilnehmer innerhalb von 10 Jahren noch keinerlei Datenverluste bei MODs hatte.
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Alte
Datenträger lesen
Oft hilft wohl nur ein "Computermuseum":
Meinen CP/M-Rechner mit dem
8-Zoll-Diskettenlaufwerk habe ich zwar noch
am Dachboden liegen -
von meinem selbst gebauten Schätzchen kann ich mich einfach nicht trennen.
Aber wenn ich auf meine Diplomarbeit noch mal zugreifen muß,
dann sicher über den damals erzeugten Ausdruck mit den handgemachten Diagrammen.
Disketten oder Papier?
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So manches Archiv dürfte aber noch diverse
5 1/4-Zoll-Disketten enthalten.
Wohl dem, dessen Rechnergehäuse Platz hat für das Diskettenlaufwerk des 286ers
von vor 15 Jahren.
Nachdem zur DVD-Norm gehört, daß die Laufwerke auch CDs lesen können,
sollten CDs solche Probleme auf absehbare Zeit nicht haben.
Allerdings bleibt zu befürchten, daß DVD nur eine begrenzte Lebensdauer haben wird:
Die Hersteller arbeiten heftig am DVD-Nachfolger, der mit einem blauen Laser
arbeiten soll und durch die geringere Wellenlänge feinere Strukturen auf dem
Datenträger auflösen kann.
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Wer hat noch Wordstar Version 3.2?
Es gab eine Zeit, da gab es nur ein Textverarbeitungsprogramm
für "persönliche Rechner": Wordstar.
Meine Studienarbeit schrieb ich
mit der Version 2.1, für die Diplomarbeit durfte es dann schon die Version 3.2 sein.
Das war alles noch in der Vor-MS-DOS-Zeit. Mit der Version 3.3
stieg Wordstar damals vom länderspezifischen ASCII-Zeichensatz
auf den PC-Zeichensatz um. Wollte ich heute damit noch etwas anfangen,
müßte ich wohl erst ein Textprogramm aus der Vor-Windows-Zeit bemühen,
um Wordstar 3.2 lesen zu können. Was dann bei der Konvertierung auf ein
aktuelles Programm übrig bleibt, will ich mir lieber nicht ausmalen.
Eine weitere Hürde ist, daß so manches ältere Programm,
speziell MS-Word 5.0, nicht jahrtausendfest ist.
Also hilft nur, einen alten Rechner virtuell,
mit dem DATE-Kommando, in die Vergangenheit zu befördern...
Wem all das reichlich abgehoben vorkommt:
Viele Unterlagen müssen auch 10 Jahre nach Produktionsende noch verfügbar sein.
Unterstellen wir mal,
daß die ersten Unterlagen zwei Jahre vor Produktionsstart entstanden
und das Produkt fünf Jahre lang hergestellt wurde,
dann sind wir von 20 Jahren nicht mehr weit entfernt...
Fazit:
Datensicherung und Datenarchivierung sind zwei getrennte Maßnahmen.
Im professionellen Bereich wird man beide anwenden müssen:
- Datensicherung schützt vor dem Verlust aktueller Daten durch Fehlbedienung
oder Fehlfunktionen.
- Datenarchivierung soll sicherstellen, daß Daten auch nach längerer Zeit
sowohl lesbar als auch verwertbar sind. Mit magnetischen Medien ist das
kaum möglich – mit Disketten eher als mit Bändern. Medium der Wahl
sind CD-R und MOD.
Literatur:
- Masiero, Manuel; Schwede, Oliver: Speicher für jeden Zweck
- In: PC professionell 3/2004, S. 88ff
- Bögeholz, Harald; Diedrich, Oliver: Silberpuzzle. Daten von beschädigten CDs und DVDs retten
- In: c't 16/05, S. 78ff
- Violka, Karsten: Besser sichern! Backup-Blues und -Strategien
- In: c't 9/06, S. 104ff
- Beier, Andreas; Vahldiek, Axel: Datenschürfer. Dokumente und Konfigurationsdateien aufgespürt
- In: c't 9/06, S. 110ff
- Violka, Karsten: Fix verknüpft. Hard-Link-Backups für Windows
- In: c't 9/06, S. 126ff (Soft-Link 0609126)
- Wikibooks: Datensicherung/ Theorie
- Ein ziemlich langer Wiki-Artikel
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